Sieben Überraschungen! Auf dem Motorrad durch Schottland

Highland-Tour mit der Kawasaki Versys 1000 S

Die Kawasaki Versys Highland Tour ermöglicht unserem Kamerakind Schaaf die Erfüllung eines Traums: Schottland per Motorrad. In diesem Bericht erfahrt ihr zahlreiche positive und negative Aspekte der Reise und könnt anschließend für euch selbst entscheiden, ob die schottischen Highlands einen Besuch auf zwei Rädern wirklich wert sind!

Selbstverständlich reichen vier Tage und 1300 gefahrene Kilometer nicht aus, um ein spannendes Land wie Schottland ausreichend und vor allem allumfassend erleben zu können. Meine Erlebnisse und Eindrücke waren aber bestimmt intensiv und auch zahlreich genug, um ein halbwegs akkurates Urteil über die Motorradtauglichkeit Schottlands fällen zu dürfen. Insbesondere deshalb, weil ich 2022 mehr als zwei Wochen lang in Irland unterwegs gewesen bin und der Vergleich zwischen den beiden Ländern doch erstaunlich unterschiedlich ausfällt. Schottland bot eine Überraschung nach der anderen und anhand dieser lässt sich das Land als Motorraddestination ziemlich gut beschreiben!

Überraschung 1: Das Wetter

Völlig zu recht denken viele von uns beim Stichwort United Kingdom zu aller erst an schlechtes Wetter. Oder vielleicht auch an schlechtes Essen. Meine persönlichen Erlebnisse entkräften beide Assoziationen jedoch relativ klar. In vier Tagen Schottland hat es an exakt einem Tag für insgesamt fünf Minuten geregnet. Die restliche Zeit war es trocken und stellenweise sogar ungetrübt sonnig. Grundsätzlich muss man im Norden tatsächlich nicht mit schlechtem, sondern vor allem mit wechselhaftem Wetter rechnen. Die wasserdichte Textilkombi ist garantiert die beste Kleidungswahl, vor allem auch deshalb, da es im Sommer bei weitem nicht so heiß ist, wie bei uns in Zentraleuropa. Aus meiner Zeit aus Irland weiß ich, dass man sich sehr schnell an das wechselhafte Wetter gewöhnt, so lange man wasserdichte Kleidung trägt. Ein entfernbarer Regenschutz empfiehlt sich nur dann, wenn man pro Tag rund zehn Mal stehen bleiben möchte, nur um den Plastiküberzieher an- oder auszuziehen.

Allerdings haben mir Einheimische auch verraten, dass die Reisezeit (Ende Mai) vom Veranstalter Kawasaki klug gewählt wurde. Aus den Wetterdaten geht hervor, dass Mai & Juni im Durchschnitt die geringsten Niederschlagsmengen bringen.

Das vermeintlich schlechte Essen dürfte ein Relikt aus der Vergangenheit oder einfach eine böswillige Behauptung der Festlandeuropäer sein. Ausgestattet mit Google Maps lassen sich in jedem Ort problemlos wirklich exzellente und moderne Restaurants finden, selbstverständlich gibt es fangfrische Kost aus dem Meer und auch das Fleisch vom schottischen Hochlandrind ist sehr empfehlenswert. Irland ist in Sachen Kulinarik übrigens sogar noch fortschrittlicher und meiner Meinung nach auch vielfältiger. Gemeinsam haben beide Destinationen die relativ hohen Preise, eine anständige Hauptspeise unter 20€ ist eine Seltenheit.

Strahlender Sonnenschein in den Highlands
Der Foto-Beweis für das erstaunlich gute Wetter!

Überraschung 2: Die freie Sicht

Dass die schottischen Highlands landschaftlich unglaublich beeindruckend sind, das ist sicherlich keine Überraschung. Beeindruckende Berge, malerische Seen und Flusslandschaften, weite Täler und Ebenen mit unendlich viel Grün. Dies mögen die Hauptgründe für die Anreise von Millionen von Touristen sein und ja, sie haben Recht. Die Highlands sind wahrhaftig beeindruckend und mit unseren Landschaften in Mitteleuropa nicht wirklich vergleichbar. Aber diese Landschaften kennen wir bereits zuhauf aus Internet und Fernsehen. Eine große Überraschung stellte für mich das Land dazwischen dar, wie beispielsweise das hügelige Umland von Edinburgh oder einige malerische Landstriche auf dem Weg in die Highlands, gesehen während der Fahrt von der Hauptmetropole in die malerische Hafenstadt namens Oban. Die Überraschung stellte hier weniger die liebliche Landschaft dar, sondern die Tatsache, dass wir diese auch sehen konnten!

Irland hat ebenso malerische Landschaften zu bieten, allerdings werden dort die wilden Hecken links und rechts neben den Straßen nicht zusammengestutzt, um freie Sicht zu schaffen. Die gesamte Vegetation darf im EU-Land direkt neben der Straße wuchern. Dies freut Insekten und kleine Lebewesen sehr, allerdings ist es als Tourist oft ein wenig frustrierend, wenn man sich von blinder Kurve zu blinder Kurve durchkämpft und gleichzeitig keine freie Sicht auf die Umgebung bekommt. Schottland geht hier den mitteleuropäischen Weg und sorgt an den meisten Stellen für freie Sicht. Auf diese Weise lässt sich leicht feststellen, dass es auch wahrlich Sehenswertes abseits der Highlands gibt!

Überraschung 3: Richtig gute Straßen

Somit ist auch klar, dass der reine Fahrspaß in Schottland sicherlich höher ist, als jener Irlands. Aus Deutschland und Österreich sind wir es gewohnt, dass die Vegetation neben den Strassen einigermaßen in Schach gehalten wird, so dass wir möglichst freie Sicht nach vorne bekommen. Wir müssen uns also nur daran gewöhnen, auf der linken Spur unterwegs zu sein. Was im Übrigen dazu führt, dass die Grußkultur zwischen Motorradfahrern wesentlich vielfältiger ist. Eigentlich wär ja die rechte Hand näher am zu grüßenden Gegenverkehr dran, wir können diese aber natürlich nicht vom Gas nehmen. So grüßen die Schotten mit Kopfnicken, mit ausgestreckten Beinen, oder auch einfach mit Links.

Die Hauptverkehrsrouten in den Highlands bieten enormen Fahrspaß, vor allem weil der Asphalt in der Regel in einem guten Zustand ist und unfassbar viel Grip bietet. Gleichzeitig kann von der schottischen Oberfläche natürlich auch sehr viel Wasser geschluckt werden, was bedeutet, dass auch im Nassen relativ anständig Gas gegeben werden kann.

In Sachen Kurvenhatz haben die Hauptstraßen zwar immer wieder schöne Radien zu bieten, es gibt aber kein vergleichbares Winkelwerk wie beispielsweise in Spanien, Italien oder Frankreich. Wirklich schwindlig fahren kann man sich in Schottland nicht. Dies wird einem auch dann bewusst, wenn der schottische Guide im Vorfeld vor den drei unglaublich engen Kehren auf der Spitze des berühmten Applecross Pass (Bealach na Bà) warnt und diese sich in der Realität als völlig harmlose Radien herausstellen. Harmlos, wenn man abgelegene Alpenpässe als Maßstab heranziehen kann.

Die richtig kurvigen Strecken Schottlands sind zumeist einspurig und bieten kaum Möglichkeit zur wilden Jagd. Von einer solchen würde ich aber ganz generell abraten, meiner Meinung nach macht ein langsames Tempo dort mehr Spaß, vor allem, weil einen die umgebende Landschaft vor lauter Schönheit fast aus den Stiefeln haut! Ich hatte auf den kleinen, abgelegenen Routen durch die Highlands sicher die meiste Freude, auch, weil dort kaum Verkehr ist. Hier fallen übrigens auch die meisten Autofahrer positiv auf. Obwohl die Straßen meistens genug Platz für Auto und Motorrad nebeneinander bieten würden, warten die meisten Vierradler geduldig in den zahlreich vorhandenen Ausweichstellen ab, bis man diese passiert hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl Irland als auch Schottland keine Kurvenparadiese sind. Letzteres verfügt aber definitiv über die besseren Strassen und kann auch ab und zu den Schnellfahrern etwas bieten.

Schottlands Strassen in gutem Zustand
Massig Grip und gut ausgebaut - die schottischen Straßen bereiten viel Freude!

Überraschung 4: Millionen von Mücken

Sobald man sich auch nur völlig oberflächlich mit einer Reisevorbereitung für Schottland auseinandersetzt, wird man von den sogenannten Midges erfahren. Dies sind zwei Millimeter große Beißmücken, die warme Temperaturen und feuchte Umgebungen lieben. Das heißt, von Frühjahr bis Herbst kann man sich dieser Plage in nördlichen Ländern wie Schottland kaum entziehen. Meiner Erfahrung nach sind die beißenden Plagegeister aber nicht omnipräsent. In 16 Tagen Irland bin ich insgesamt an drei Orten vorbeigekommen, wo die Mücken störend waren. In vier Tagen Schottland waren sie nur an einer Stelle problematisch. Überraschend problematisch allerdings, da deren Anzahl alles, was ich in Irland erlebt habe, um das 5-fache überstiegen hat. Die Motorradkleidung inklusive Helm und Handschuhe hilft ein wenig, aber in Wahrheit kriechen die Miniaturmücken in jede noch so kleine Öffnung rein. Es hilft dann nur die Flucht an einen anderen Ort, bevorzugt weniger feucht mit etwas mehr Licht und ein klein wenig Wind, dorthin können einem die nervigen Midges nicht folgen.

Überraschung 5: Unnötiger Radarschock

Viele Touristen beginnen ihren Highlands-Aufenthalt mit einer Reise in die wunderschöne Hafenstadt von Oban. Das heißt, der Weg von der schottischen Hauptstadt Edinburgh in die nordwestliche Richtung ist ziemlich stark befahren. Was wiederum bedeutet, dass auf diesem Weg eine unfassbar hohe Anzahl an Radarfallen für Sicherheit sorgt. Und für Sicherheit sorgen diese auch tatsächlich, denn die meisten der aufgestellten Kameras sind keine gewöhnlichen Blitzer, sondern average speed cameras, was hierzulande als Section Control bekannt ist. Das heißt also, die Verkehrsteilnehmer halten sich strikt an die dortigen Limits, welches zumeist bei 50 oder 60 Meilen pro Stunde liegt. Hätte unser Guide uns im Vorhinein nicht entwarnt, dann hätte ich wirklich Übles für die Reise befürchtet. Noch nie zuvor habe ich so viele Radarfallen innerhalb kürzester Distanz gesehen. In den Highlands selbst allerdings gibt es dann tatsächlich kaum welche bzw. wenn nur als sinnvolle Kontrollen, zB in Ortsgebieten. Die Logik dahinter allerdings hat sich mir nicht ganz erschlossen. Denn auch in den Highlands gibt es unfassbar stark befahrene Straßen, zum Beispiel die Hauptrouten auf der Isle of Skye. Wenn einzig und allein die Anzahl der Verkehrsteilnehmer für das Aufstellen von Radarkontrollen verantwortlich ist, dann müssten dort eigentlich auch massive Radarbepflanzungen stattfinden. Glücklicherweise ist dies aber nicht der Fall.

Die Anzahl von Radarfallen in Schottland ist hoch
Die enorme Anzahl von Radarfallen beschränkt sich glücklicherweise auf ein paar wenige Gebiete

Überraschung 6: Die Kawasaki Versys 1000 S als perfekte Motorradwahl

Mit meinen Erfahrungen aus Irland war ich im Vorfeld fest davon überzeugt, dass eine Reiseenduro die beste Wahl für schottische Straßen darstellt. Dabei habe ich aber völlig darauf vergessen, dass es so etwas wie die Versys gibt. Denn so lange man nichts gröberes als leichte Schotterpisten fährt, ist die Versys in ihrer Preisklasse jeder Reiseenduro überlegen, zumindest wenn es darum geht, den bestmöglichen Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit zu schaffen.

Die Kawasaki punktet mit ihrem hochwertigen Fahrwerk, welches wunderbar geschmeidig anspricht. Auf schlechten Straßen sorgt es für wirklich tollen Komfort, während es gleichzeitig genug Stabilität für flotte Abschnitte bietet. Das 17 Zoll Vorderrad sorgt für ein absolut müheloses Handling, welches vergleichbare Reiseenduros mit ihren größeren Vorderrädern einfach nicht bieten können. Dazu kommt ein unfassbar guter Windschutz und eine der besten Seriensitzbänke, die es gibt. Auf der Kawasaki macht sowohl schnell als auch langsam Spaß. Für dieses Geld fällt mir kein Motorrad ein, das für schottische Straßen besser geeignet wäre.

Die Kawasaki Versys 1000 S ist ein richtig gutes Reisemotorrad
Die perfekte Wahl für Schottland: Kawasaki Versys 1000 S

Überraschung 7: Dudelsack? Fehlanzeige!

Der letzte Punkt meiner Auflistung beinhaltet natürlich kaum brauchbare Information, dennoch hätte ich damit nicht gerechnet: In vier Tagen Schottland habe ich keinen einzigen Dudelsackspieler zu Gesicht bekommen! Ich weiß nicht, ob ich einfach nur Pech (oder Glück) hatte, oder ob Kawasaki uns mit der Versys-Tour ein möglichst klischeefreies Schottland-Erlebnis geboten hat. Ich weiß nur, dass mir der Klang aus dem Auspuff des japanischen Reihenvierers sowieso Musik genug war!

Bericht vom 04.07.2023 | 45.668 Aufrufe

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