Reisetest Honda XL 750 Transalp

Ein Wochenende Pässe jagen mit Glamping-Übernachtung

Ein Wochenende in den schweizer Alpen Pässe jagen, im Tal den warmen Wind auf den gemütlichen Landstrassen fühlen und auf den Pässen bei 10 cm Neuschnee am Strassenrand einen wärmenden Kaffee schlürfen. Dazu als Übernachtungsstopp im TCS Pop-Up Glamping Zelt verbringen. Ein perfektes spätsommer Erlebnis. Ist die neue Honda Transalp der passende Deckel zu diesem Topf?

Um eine erfolgreiche Genusstour zu erleben, braucht man gewisse Zutaten. Zum einen lokales und köstliches Essen, eine stressfreie und erholsame Übernachtungsmöglichkeit (wenn möglich in einem motorradkonformen Setting), ein atemberaubendes Panorama aus Sattelperspektive und schlussendlich - das richtige Eisen. Während meiner Genusstour in den Schweizer Alpen wurden die ersten Punkte definitiv abgehakt. Jetzt stellt sich die Frage: Ist die neue Honda Transalp als Begleiter auf einer zweitägigen Genusstour dienlich? Und wenn ja, warum?

Die Honda Transalp als Wochenendtourer - Ersteindruck & Test der Honda XL750 Transalp

Von meinen Freunden höre ich oft, dass mir immer zuerst sehr spezielle Dinge am Motorrad auffallen. Das war auch bei der Transalp der Fall. Noch bevor wir auf unserer Tour den ersten Pass, nämlich den Sustenpass, ansteuerten, bemerkte ich sofort eine Unstimmigkeit in der Funktionsweise des Antriebs. Nachdem ich nochmals sicherstellte, dass es nicht an meiner unruhigen Hand lag, kam ich zu dem Schluss, dass die Gasannahme sehr unsensibel und aggressiv eingestellt ist. Man erkennt dies an einem spürbaren Ruck des Motorrades nach vorne. Wenn man am Gas bleibt, muss man jedoch erst in einen bestimmten Drehzahlbereich gelangen, bevor es richtig vorwärts geht. Dies führt zu einem eher nervösen Fahrgefühl.

Obwohl dies bei längeren Touren oder Autobahnfahrten schnell vergessen werden kann, stellt dies bei stockendem Verkehr oder beim Einlenken in kurvenreiche Engstellen wie beispielsweise die Serpentinen der schweizer Pässe ein störendes Element dar. Außerdem hatte ich direkt den Eindruck, dass die Vordergabel sehr schnell und stark einfedert. Dies ist auf das Fahrwerk zurückzuführen, das zwar auf dem Weg zum ersten Pass sehr komfortabel wirkte, jedoch schnell den Eindruck vermittelte, den schnellen Passabschnitten nicht gewachsen zu sein.

Nach unserer Ankunft am Sustenpass, wo wir bereits den ersten Kaffee aufgrund der eingetretenen Kälte genossen hatten, nahm ich mir einen Moment Zeit, um die Transalp zu betrachten. Als erfahrener Fahrer einer Africa Twin war mir die neue Inkarnation des Dakar-Kult-Bikes suspekt. Sie verdutzte mich. Verwirrte mich. Ich dachte mir: "Wo bist du zuhause? Was willst du mir vermitteln?" Und trotz dieser dramatisch philosophischen Fragen und Emotionen wollte ich mehr von dem, was mir die Transalp bis zum ersten Pass geboten hat.

So konnte ich es kaum erwarten, als wir den Grimselpass in Angriff nahmen und auf dem Furkapass im Schneekleid zu Mittag aßen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich meine Einstellung zur Transalp definitiv geändert. Plötzlich lichtete sich der Schleier der Verwirrung wie der Nebel an einem sonnigen Herbstmittag. Ich hatte das Bike endlich verstanden, und der Spaßfaktor begann ab diesem Zeitpunkt nur noch zu wachsen.

Die Transalp und ihre vielen Konkurrentinnen - Vergleich zur Yamaha Ténéré 700, BMW F850 GS etc.

Yamaha Tenere, Aprilia Tuareg, KTM 890, Ducati Desert X, BMW F850 GS, Triumph Tiger 900: Die Mittelklasse der Adventurebikes wächst kontinuierlich, und die Auswahl ist schier riesig. Die Transalp hebt sich jedoch irgendwie von jedem anderen Bike ab. Mit ihrem 21-Zoll-Vorderrad verspricht sie bessere Kontrolle und Stabilität im Gelände. Ein "Sport Modus" lässt jedoch wiederum auf gute Zeiten auf kurvenreichen asphaltierten Straßen schließen, besonders mit dem eingebauten Motor der Honda Hornet 750. Das Motorrad scheint sich nicht auf ein bis zwei Einsatzgebiete zu beschränken, sondern versucht, alle Bereiche abzudecken. Sofern man einen vielseitigen Fahrstil hat und eine neugierige Natur mit dem Interesse, verschiedene Abenteuer zu erleben, ist dieses Motorrad der perfekte Begleiter

Genusstour mit Retro-Feeling

Als letzten Bergübergang des Tages fuhren wir den Oberalppass an. Dieser führte uns dann Richtung Graubünden nach Laax. Dort erwartete uns eine spektakuläre Übernachtung auf dem Glamping-Areal des Touring Club Schweiz (TCS). Die individuellen Zelte waren ausgestattet mit einem Heizgerät, einer Kaffeemaschine, Stühlen und Tischen. Sofort fühlte man sich wie ein Legionär im römischen Imperium oder ein Jarl der Wikinger. Die Ruhe auf der Alp, die man sonst nur beim privaten Campen erleben kann, verbunden mit ausreichend Luxus für eine erholsame Nacht, ist ein herrliches Erlebnis. Dieses Retro-Feeling nimmt man am Morgen mit, wenn man sich wieder auf die Transalp für den zweiten Tag Abenteuer schwingt. Während mich die neue Lichtmaske der Transalp eher an einen Jet-Ski erinnert und der Motor definitiv nicht mehr an alte Zeiten erinnert, findet man doch noch einige Dinge, die die Verwandtschaft zur ikonischen Transalp bezeugen. Ganz klar die Aufkleber, die goldenen Felgen sowie die weichgezogenen Linien auf dem Tank. Ein erfrischender Kontrast zu den immer eckiger werdenden Designs. Die Transalp ist weit entfernt von einem perfekten Motorrad. Der Vorteil davon - Charakter. Durch den mühsam platzierten Fernlichtschalter, die unergonomisch angebrachten Blinkertasten, die fehlende Außentemperaturanzeige auf dem Display sowie die Formung eines Abdrucks im Sattelstoff bei längeren Fahrten lässt das Motorrad leben. Es lässt dich schmunzeln, vielleicht auch einmal den Kopf schütteln. Aber nichtsdestotrotz entstand für mich dadurch eine lebendige Beziehung zu dem Motorrad und man kriegt das Feeling eines Motorrades, welches auch aus älterer Zeit stammen könnte.

Neues Ausprobieren

Am zweiten Tag unseres Roadtrips fuhren wir weiter über Schotter den Kunkelspass. Die Transalp lässt sich auch auf unbefestigten Straßen leicht in die Kurve lenken und findet ohne Probleme den Weg durch das Gelände. Wenn man neue Dinge auf dem Motorrad ausprobiert, wie zum Beispiel erste Offroad-Fahrten, wird man nicht viel mehr als solche Wege fahren. Und für diese Wege ist die Transalp durchaus mit genügend Spaßfaktor geeignet.

Nach einem kurzen Stopp ging es weiter Richtung Chur. Nach Bad Ragaz tat sich vor uns der Walensee auf. Nachdem mich die steilen Felswände beeindruckt hatten und eine philosophische Stimmung aufkam, erreichten wir bald den Klöntalersee. Von dort aus fuhren wir über den Pragelpass, nach einem klassischen Schweizer Mittagessen, weiter ins Muotathal.

Auf den letzten Kilometern Autobahn, ruhig und gemütlich im Windschutz dahintuckern, ließ ich nochmals diese zwei fantastischen Tage Revue passieren. Ich war nun definitiv begeistert von der Transalp, jedoch nicht aufgrund von Perfektion oder makelloser Performance. Viel mehr durch ihre Vielfältigkeit, Neugier und die Stimmung, die das Motorrad vermittelt. Ein treuer Kompagnon, der gerne jede Unternehmung mitmacht. Sei es die Fahrt zur Arbeit, eine Abendrunde auf Landstraßen, das Jagen von Pässen mit Freunden oder auch das Erkunden von Offroad-Strecken.

Die Honda Transalp - ein perfekter Gefährte für eine Genusstour durch die Schweizer Alpen. Ja, bitte gerne!

Falls dich die Route selbst interessiert, findest du die aufgenommene Calimoto Datei hier

Autor
FunkyFrankee

FUNKYFRANKEE

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Bericht vom 16.10.2023 | 12.350 Aufrufe

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