GO WEST - Offroad-Kurztrip nach Utah

Pflichtdestination für Enduro Fnas

Der US-Bundesstaat Utah ist fast drei Mal so groß wie Österreich, beheimatet jedoch nur bescheidene 3,34 Millionen Menschen. Somit bleibt mehr als genug Platz für unbeschränkte Offroad-Expeditionen. Ein Enduro-Kurztrip im vielleicht schönsten, abwechslungsreichsten Bundesstaat der USA - mit intensiver Fortsetzung schon in Kürze.

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Text & Fotos: Justin Case

Auf Enduros lässt es sich besser erkunden

Es gibt Erlebnisse eines Menschen, die ihm niemals wieder aus dem Kopf gehen. In meinem Fall handelt es sich dabei großteils um einzigartige Motorrad-Abenteuer: unvergessliche Zweirad-Reisen die mich an Orte gebracht haben, die ich sonst nie im Leben gesehen hätte. Exakt das fasziniert mich persönlich ganz besonders am Thema "Enduro": ich bevorzuge die Erkundung eines Landes stets abseits des Asphalts - wie ein Pionier der Kompassnadel und schmalen Trampelpfaden folgend das Hinterland einer Destination zu erkunden, bedeutet für mich wahre Freiheit auf zwei Rädern. Eine Adventure-Reise nach diesem Rezept führte mich zum Beispiel Ende 2022 gemeinsam mit NastyNils durch den Westen der USA, nachzulesen hier: Motorradreise USA. Seither plane und tüftle ich an einer epischen Fortsetzung dieses Trips - die vernünftige Umsetzung einer solchen Expedition kostet jedoch nicht nur Geld, sondern auch jede Menge Vorbereitungszeit.

Wie der Zufall spielt, führte mich eine Geschäftsreise schon wenige Monate später ausgerechnet erneut nach Utah einer der landschaftlich eindrucksvollsten Bundesstaaten der USA und somit eine verlockende Möglichkeit für ein paar unvergessliche Tage im Sattel einer Sportenduro, die ich mir keinesfalls entgehen lassen wollte. Kurzerhand reservierte ich bei Wild Point Adventures eine GasGas EC300 - und weil Boss Stephen DiVito ohnehin gerade verfügbar war, bot sich der sympathische Ami spontan als Tourguide an.

Moab - ein Mekka für Offroader

Das Wort "Utah" assoziieren die meisten Offroader mit der Region rund um den Ort Moab, dessen "Slickrock Trail" weit über die Grenzen der USA hinaus bekannt ist. Die großteils über nackten Sandstein führende Route wurde im Jahr 1969 im Sand-Flats-Erholungsgebiet östlich von Moab zunächst zur Nutzung durch Geländemotorräder angelegt. Mit dem Aufkommen der Mountainbikes in den achtziger Jahren wurde die Strecke auch für Radfahrer interessant und populär. Seit Anfang dieses Jahrtausends ist der Trail eine der Hauptattraktionen von Moab und wird jährlich von über 200.000 Mountainbikern und einer ebenso stattlichen Anzahl an "Dirtbikern" besucht. Rund um Moab finden sich außerdem zahlreiche Offroad-Parcoure für massiv aufmunitionierte Geländewägen, die selbst klangvolle Namen wie "Hells Revenge", "Steelbender Trail" oder "Fins and Things" tragen. Sogar einzelne, für Jeeps unfassbar schwierige Hindernisse wurden beispielsweise "Hells Gate", "Escalator", "Mickeys Hottub" oder "Skydive" getauft, zu denen es in den Shops des 5000-Seelen-Dorfes Moab dann entsprechende "I survived XY…" T-Shirts zu kaufen gibt. Sämtliche Geländewagen-Trails sind auch für Motorradfahrer völlig legal zu befahren, solange man von den markierten Trails nicht abweicht. Kein Zweifel, Moab ist für begeisterte Offroader, egal ob auf zwei oder vier Rädern, definitiv ein Pflichtbesuch - mit 220.000 Quadratkilometern ist der Mormonen-Bundesstaat Utah allerdings zweieinhalb Mal so groß wie ganz Österreich und hat daher noch viel, viel mehr zu bieten!

Freiheit auf zwei Rädern

Während man in der Wüstenlandschaft des Colorado-Plateaus rund um Moab auf ein rund 6000 Kilometer langes, technisch anspruchsvolles Wegenetz "eingeschränkt" ist (und es hier durch Intervention von Umweltorganisationen vermehrt zu Sperrungen kommt), locken zahlreiche andere Regionen Utahs mit nahezu unlimitierten Optionen für Enduristen. "OHV Areas" sind "Offroad-Erholungsgebiete" (OHV steht für "Off-Highway-Vehicles"), die völlig legal auch von Fahrzeugen ohne Straßenzulassung befahren werden dürfen. Auf meiner Reise durchquerte ich beispielsweise das "Arapeen Trail System" im Manti-La Sal National Forest mitten im Nirgendwo Utahs, das alleine mit mehr als 700 Kilometern legaler Offroad-Trails aufwarten kann. Nur ein "kleines" Beispiel von vielen Gebieten dieser Art, bei denen die einzelnen Pfade oft sogar mit Schwierigkeitsgrad ausgeschildert sind. An Höhenmetern fehlt es ebenfalls nicht - der höchste Berg des Bundesstaats liegt imposante 4123 Meter über dem Meeresspiegel. Zudem sind Schotterstraßen mit Forststraßen-Nummerierung im Westen der USA ebenfalls frei befahrbar und bilden schon für sich alleine ein schier unendliches Wegenetz.

Unglaubliche Weiten erwarten Enduristen in Utah.
Unglaubliche Weiten erwarten Enduristen in Utah.

Paradiesische Bedingungen

Unvorstellbar für europäische Verhältnisse sind jedoch ganz besonders die völlig unregulierten Offroad-Paradiese in den USA, die völliges "Freeriden" erlauben. Ich besuchte unter anderem die Region rund um "Swingarm City" und "Factory Butte", bei denen unreguliertes Experimentieren dezidiert erlaubt ist. "Egal wo du eine steile Wand siehst, die Du hochfahren möchtest - tu es einfach!" - so lautet hier die einzige Regel, bekräftigt mein Reiseleiter Stephen. Der trockene Boden aus Bentonit-Lehm bietet den Reifen meiner GasGas unfassbare Traktion, weshalb sich irrwitzig steile Hänge erstaunlich mühelos bezwingen lassen. So jagen wir zu viert in Formation eines Kampjet-Geschwaders die steilsten Geländeformationen rauf und runter, deren Umrisse grau und steil wie Haifischflossen steil in den blitzblauen Himmel ragen. Die Wände enger Canyons dienen uns als natürliche Anlieger und lassen jede Bobbahn fast vor Neid erbleichen. Jeder Hügel bietet Aussicht auf unendliche Weiten voraus, deren Erforschung höchstens das Volumen des Treibstofftanks natürliche Grenzen setzt. Anderen Enduro-Piloten begegnen wir höchstens an der Abzweigung zur einzig asphaltierten Zufahrtsstraße - hier parken Pick-Ups, Kastenwägen und stattliche Wohnmobile samt Anhänger, hier werden abends in geselliger Runde am Barbecue-Grill stundenlang Benzingespräche geführt.

Dass wir Zentraleuropäer viele Stunden Anreise in Kauf nehmen, um in Rumänien oder Bulgarien mit unseren Enduros durch den Wald zu fahren, ist für Tourguide Steve völlig unvorstellbar: "In einer kleinen Ecke Utahs gibt es mehr Enduro-Gelände, als man es in einem Menschenleben je abfahren könnte", zieht der junge US-Amerikaner einen Vergleich. Er weiß wovon er spricht: Stephen ist mit ganzem Herzen Enduro-Fahrer und sitzt meistens fünf Tage die Woche im Sattel seiner Yamaha YZ450X - selbst wenn der clevere 32-Jährige beruflich gerade keine (großteils amerikanischen) Touristen durch die Wildnis führt, wird die freie Zeit zur Erkundung neuer Trails sinnvoll genutzt. Erst sobald der Winter den durchschnittlich auf 1920 Meter Seehöhe liegenden Bundesstaat mit einer Schneedecke überzieht, wechselt das Offroad-Universaltalent sein Arbeitsgerät und führt Besucher auf Schneemobilen durch Utah. Zugegeben, geführte Endurotouren in den USA sind für europäische Verhältnisse generell nicht ganz günstig - hohe Versicherungsgebühren für Fahrzeuge und Teilnehmer sowie teure Lizenzen zur kommerziellen Befahrung einzelner Regionen treiben den Preis nach oben.

Der nächste Besuch in Utah ist bereits geplant

Nichts desto trotz sollten sich echte Offroad-Aficionado das einzigartige Erlebnis nicht entgehen lassen und unbedingt nach Utah reisen. Leider konnte ich in den wenigen Tagen nur einen Bruchteil der faszinierenden Offroad-Optionen im "Beehive-States" selbst erfahren, da obendrein ein spontaner Schlechtwettereinbruch bei Salt Lake City die erdigen Trails durch dichten Wald unpassierbar machte. Die absolvierten Stunden im Sattel waren dennoch mehr als ausreichend um bereits den nächsten Besuch bereits für Ende dieses Jahres zu fixieren - diesmal erneut in Gesellschaft von NastyNils, der auf 1000PS dann ausführlich live berichten wird. Mit "Wild Point Adventures" haben wir bereits einen kompetenten Ansprechpartner vor Ort gefunden. Denn Stephen DiVito und sein Geschäftspartner Nicholas Hughes punkten nicht nur mit flexibler Aufgeschlossenheit, kurzweiliger Sympathie, gutem Humor, reibungsloser Organisation und perfekt gewarteten Motorrädern, sondern auch mit einem außerordentlich und außergewöhnlich breit gefächerten Tourangebot für Utah. Für satte sieben Regionen, verteilt zwischen Salt Lake City und Moab, verfügen die Adventure-Spezialisten von WPA über entsprechende Tourguide-Genehmigungen - mehr als genug unberührte Wildnis also, um sie je in einem Menschenleben vollständig erforschen zu können.

Bericht vom 12.01.2024 | 5.805 Aufrufe

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